Berufliche Neuorientierung: Praktikum für Umsteiger
Einmal Tischler, immer Tischler? Das war einmal. Tatsächlich war es früher so, dass Menschen ihren ursprünglichen Beruf bis zum Lebensende ausübten. Die Zeiten haben sich zum Glück geändert. Das Entfalten der eigenen Talente und die Verwirklichung lang gehegter Träume nehmen in unserer Gesellschaft einen immer höheren Stellenwert ein und tragen so auch zu unserer Gesundheit bei. Das gilt erst recht, wenn uns der alte Arbeitsplatz bereits krank gemacht hat.
Es ist nie zu spät für einen Neuanfang – was für die Liebe und das Leben gilt, kann für den Beruf nicht falsch sein. Selbst im fortgeschrittenen Alter kann ein Praktikum noch wichtige Impulse für die berufliche Neuorientierung liefern. Kein Umweg sollte dir zu groß sein, um deinen Traum zu leben.
Ein Beispiel - Vom Tischler zum Art Director
Seinen Berufsweg bezeichnet Thilo Hofman (Name von der Redaktion geändert) daher auch gerne als „langen Anlauf in die Werbung“: Ausbildung zum Bürokaufmann, Führungskraft in der Messeabteilung in einem Automobilkonzern, Manager eines großen Autohauses. Die Wende brachte ein Praktikum – da war Guido 36.
„Ich habe durchaus eine kreative Ader und lieber selbst Plakate für Verkaufsaktionen entworfen, anstatt nur Aufgaben zu verteilen“, so Hofmann. Als “Senior-Praktikant” in der Agentur Tausendschön konnte er seinem Faible für Werbung freien Lauf lassen, wurde danach Texter, Kundenberater, Art Director und war für namhafte Kampagnen verantwortlich. Heute ist er Inhaber einer renommierten Werbeagentur und sitzt in der Jury eines renommierten Werbepreises.
„Nein, das Praktikum war kein Zuckerschlecken“, erinnert sich Hofmann. „Zuvor war ich Führungskraft und trug die Verantwortung für viele Mitarbeiter. Nun musste ich mir von einer 20-jährigen Auszubildenden sagen lassen, wie man Bilder sortiert.“
„Ich habe durchgehalten, weil ich durchhalten wollte. Den Stress habe ich einfach weggelächelt und mich auf die Ausbildung konzentriert. So habe ich schnell gelernt, wie ich beispielsweise die Möglichkeiten von Photoshop besser nutzen oder Headlines meiner Texte griffiger schreiben kann.“
„Geholfen hat mir meine Berufserfahrung. In der Automobilindustrie läuft ja nichts ohne Werbung und ich war täglich mit Kunden konfrontiert, die auf unsere Werbung reagierten – oder auch nicht reagierten. Ohne diese Vorkenntnisse wäre mein Jobwechsel schwieriger verlaufen.“
Argumentationshilfe für deine berufliche Neuorientierung
Die Vorbehalte gegenüber älteren Praktikanten mit mehrjähriger Berufspraxis sind oft groß. So kannst du dich behaupten:
„Warum wollen Sie beruflich von vorne anfangen?“
Manchmal muss man das Falsche tun, um die wahre Berufung zu finden. Insofern fange ich nicht von vorne an, sondern baue auf meinen bisherigen Erfolgen auf. Diese Erfahrungen kann ich in Ihrem Unternehmen in dieser ... und dieser ... Hinsicht sehr gut einbringen.
„Sie werden der Älteste im Team sein und wenig zu sagen haben.“
Ich habe mich für ein Praktikum entschieden, um etwas Neues von der Pike auf zu lernen. Ich fühle mich jung genug, um meinem Herzen zu folgen und alt genug, um zu wissen, dass ich auch von jüngeren Kollegen viel lernen kann.
„Sie sind überqualifiziert.“
Ich glaube an das Prinzip „Geben und Nehmen“. Ich gebe meine eigenen Kenntnisse und Erfahrungen an das Team weiter und profitiere selbst von dem Wissen der Anderen.
„Ältere Praktikanten haben nicht so viel Biss.“
Darf ich Ihnen das Gegenteil beweisen?
Letztlich kommt es darauf an, dass deine Bewerbung nicht nur gute Gründe, sondern auch einen „roten Faden“ liefern kann. Hast du vielleicht schon Erfahrungen in der Branche gesammelt? Oder dir so wie Guido Hofmann bereits ein Basiswissen für deinen Berufswechsel angeeignet?
Frische deine Fachkenntnisse notfalls auf oder erstelle Arbeitsproben, um sie als Türöffner zu nutzen. Erfüllst du die geforderten Kriterien nicht, dann greife zum Hörer und suche den persönlichen Kontakt. Auch Jobbörsen, bei denen du selbst vorsprechen kannst, sind eine gute Gelegenheit, um mit deiner Persönlichkeit zu punkten.