Internationaler E-Mail-Knigge

von Monster Contributor

Schnell mal in Buenos Aires nachfragen oder einen Auftrag nach China senden: E-Mails sind aus dem globalen Arbeitsalltag nicht mehr wegzudenken. Doch Vorsicht: Es gibt durchaus internationale Unterschiede in der E-Mail-Etikette.

Von Francoise Hauser

E-Mails auf Englisch: Bloß nicht zu lang

So förmlich die Briten oft nach außen scheinen, so informell geben sie sich oft per E-Mail. Ist das erste Schreiben noch rundum respektvoll, fallen Höflichkeiten wie Anrede und formelle Verabschiedung schnell unter den Tisch. Auf gleicher Hierarchie-Ebene ist sogar ein fröhliches "Cheers" Gang und gebe. Bereits bei der zweiten E-Mail reicht als Anrede meist schon der Vorname. Im Alltagsgebrauch scheint die E-Mail eher die lockere Unterhaltung als den formellen Brief zu ersetzen.

Vielleicht gilt im englischsprachigen Raum deshalb kürzer, desto höher ist die Chance auf eine Antwort! Hin und wieder wird sogar die magische Grenze von fünf Sätzen propagiert.
Interessanterweise zeichnen sich US-amerikanische Partner durch einen weniger lockeren Stil als ihre britischen Kollegen aus. Dabei stehen doch gerade Amerikaner im Ruf, rundum jovial und wenig auf Formalitäten bedacht zu sein. Allerdings gilt auch bei US-Kontakten: E-Mails sollten kurz und knapp gehalten sein. Anders als in Deutschland sind große Anhänge kein Verstoß gegen die E-Mail-Etikette.

Indien: Achtung Hierarchien

Ähnlich sieht auch die Lage im anglophonen Indien aus: Nach einem eher förmlichen Einstieg wird die Kommunikation schnell rationalisier, indische E-Mails sind sprachlich gewandt aber direkt. Offizielle Stellen und hochrangige Ansprechpartner erwarten jedoch einen ausgesprochen höflichen Stil - Hierarchien sind in Indien ausgeprägter als in Europa. Von oben nach unten kann der Stil daher recht ruppig werden. Derartige E-Mails beantwortet man am besten höflich aber mit einem mehr oder minder versteckten Hinweis auf die gleichwertige Position des Absenders.

Gewohnte Sitten: Frankreich

Unser Nachbarland ist wahrscheinlich das einzige Land in Europa, in dem E-Mail nicht E-Mail heißt, sondern courrier éléctronique (kurz: courriel) - zumindest wenn es nach den staatlichen Vorgaben geht. Ansonsten ist der Kommunikationsstil dem deutschen erfreulich ähnlich: Zwar hält man sich in der E-Mail nicht ganz so intensiv mit den elaborierten Verabschiedungsfloskeln auf wie im Schriftlichen, ein allgemein höflicher und nicht zu kurzer Stil wird aber durchaus erwartet. Gerade im Umgang mit neuen Kontakten empfiehlt es sich daher, eher ein wenig förmlicher zu formulieren.

Mit Form und Bedacht: Japanischer E-Mail-Stil

Höflichkeit ist in Japan essentiell, egal, ob es sich um einen Schriftwechsel per Brief oder E-Mail handelt. Mehr noch als in Deutschland gehört die korrekte Anrede samt Titel genauso dazu, wie eine persönliche und ausführliche Schlussformel. Da die meisten Deutschen auf Englisch in E-Mail-Kontakt, hält man sich am besten an die Regeln für einen förmlichen englischen Brief. Kürze ist in Japan übrigens keine Tugend: Obwohl sich E-Mails auf internationaler Ebene meist durch einen recht klaren Stil auszeichnen, sollten bei japanischen Adressaten Anweisungen und Kritik freundlich formuliert sein.

Kurz und knapp: E-Mails in China

Der erste Kontakt per E-Mail sollte das Anliegen knapp aber deutlich herausstellen - es ist schwer einzuschätzen, ob am empfangenden Computer ein studierter Shanghaier mit MBA-Abschluss sitzt oder eine Angestellte vom Lande. Obwohl große Unternehmen meist sehr schnell antworten, kann es durchaus passieren, dass der Absender erst einmal vergeblich auf eine Antwort wartet. Hier hilft eine zweite E-Mail. Tut sich auch dann nicht, kann es ratsam sein, den Vorgesetzten mit einzukopieren. Die Gründe für diese "Antwort-Faulheit" sind vielfältig: Persönliche Kontakte sind in China ausnehmend wichtig, Anfragen aus der Fremde lassen sich für den chinesischen Adressaten schwer einschätzen. Oft steht hinter dieser vermeintlich unhöflichen Haltung die Unsicherheit im Umgang mit dem Ausland.

Kurze Antworten sind üblich: "Yes, can do!" wäre eine typische Antwort auf eine lange komplexe Frage. Kurz und knapp sind die Texte, manchmal sogar ohne Anrede und Verabschiedung, was nicht unbedingt unhöflich gemeint ist, sondern von einer gewissen Effizienz zeugt: Wahrscheinlich hatte es der Absender einfach eilig.

Schnörkellose E-Mails: Russland

"Formlos" ist die geschönte Formulierung für den russischen E-Mail-Stil: Anrede, Schlussformel, schöne Floskeln sind Zusatzwerk, auf das man aus russischer Sicht oft auch verzichten kann. Je mehr Kontakt zu ausländischen Geschäftspartnern besteht, desto eher werden auch die Formalien eingehalten. Dies kann von deutscher Seite als unhöflich empfunden werden, ist in der Regel aber nicht böse gemeint.

Wenig Chancen für die E-Mail: Der arabische Kulturraum

Im Nahen Osten stehen Stilfragen erst einmal im Hintergrund, denn gerade beim Erstkontakt sind E-Mails nicht das erste Mittel der Wahl. Geschäftliche Kontakte sind im arabischen Raum extrem Personen-bezogen, Anfragen von unbekannter Seite werden daher oft gar nicht erst beantwortet. Selbst wenn bereits persönliche Kontakte bestehen, beispielsweise nach dem ersten Kennenlernen während eines Messetermins, sind persönliche Termine oder zumindest Anfragen per Telefon erheblich Erfolg versprechender.

Selbstverständlich gibt es auch in den arabischen Staaten individuelle Vorlieben, so dass arabische Geschäftspartner mit Auslandserfahrung durchaus auch einmal zur E-Mail greifen. Insgesamt herrscht auch in diesem Falle ein eher knapper Ton: E-Mails sind zur schnellen Kommunikation gedacht, so dass sich niemand mit vielen Floskeln aufhält.

Herzlich bis förmlich: Lateinamerika

Ist der Kontakt erst einmal hergestellt, schlagen die anfangs sehr förmlichen Texte schnell ins Gegenteil um: Aus den steifen Einstiegsfloskeln und Schlussformeln werden "Küsschen" und "Umarmungen" und der Stil kollegial persönlich. Zumindest so lange, bis der Vorgesetzte als "cc" einkopiert wird. Dann schlägt der Ton schlagartig wieder um ins Förmliche. Für den allerersten Kontakt und Anfragen bei offiziellen Stellen empfiehlt es sich, ebenfalls eher ein wenig tiefer in die höfliche Floskelkiste zu greifen und einen respektvollen Stil zu beweisen.

Genug Knigge parat für einen neuen Job? Hol dir Monster-Support

Du bist auf der Suche nach deinem Traumjob? Egal in welche Richtung deine Wünsche gehen, Monster steht dir mit Tipps & Tricks, Jobmeldungen und einer Lebenslaufdatenbank für Recruiter:innen zur Seite. Wie du von diesen Angeboten profitieren kannst? Erstelle dir einfach ein kostenloses Nutzerprofil bei Monster und schon steht der Karriere nichts mehr im Weg.

(Bild: Code6D, istockphoto)

Francoise Hauser ist freie Journalistin und Buchautorin. Sie ist Trainerin für interkulturelle Seminare und betreibt den Blog Asientext