Krankmeldung beim Arbeitgeber: Auch Krankmelden will gelernt sein

Wer wegen Krankheit nicht arbeiten kann, sollte bei seiner Krankmeldung einige Regeln beachten. Hält man sich nicht an alle Vorgaben beim Krankschreiben, drohen Konflikte mit dem Arbeitgeber. Das Wichtigste bei einer Krankschreibung – vom ärztlichen Attest bis zur krankheitsbedingten Kündigung – hier im Überblick.

Krankschreiben – Allgemeine Infos

Wenn du dich beim Arzt krankschreiben lassen musst, steht Erholung auf dem Dienstplan. Doch auch ohne ärztlichen Rat können Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen dem Arbeitsplatz fernbleiben, wenn du dich außerstande fühlen, deiner Arbeit nachzugehen.

Die gesetzliche Grundlage beim Krankschreiben

Der Gesetzgeber hat das Thema Krankmeldung in §5 des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG) geregelt. Darin erlegt das Gesetz dem erkrankten Arbeitnehmerbei der Krankschreibung zwei Pflichten auf:

  1. Anzeigepflicht: Der Arbeitnehmer muss sich unverzüglich krankmelden und die voraussichtliche Dauer der Abwesenheit angeben.
  2. Nachweispflicht: Der Arbeitnehmer muss nach spätestens drei Fehltagen (Kalendertagen) ein ärztliches Attest vorlegen.

Kommt der Arbeitnehmer einer der beiden Pflichten beim Krankmelden nicht nach, kann der Arbeitgeber eine Abmahnung aussprechen. Darin muss er die Art der Pflichtverletzung genau benennen.

Krankschreibung mit ärztlichem Attest: Die Regeln des Arbeitgebers gelten

Bis zu drei Kalendertage sieht der Gesetzgeber für die kleine Genesungspause vor. „Der Arbeitgeber kann die Krankmeldung allerdings auch früher einfordern – und auch der Arbeitsvertrag kann abweichende Fristen enthalten", sagt Birte Keppler, Fachanwältin für Arbeitsrecht in Stuttgart.

„Diese Regelungen gehen vor", bestätigt Arbeitsrechtler Stefan Kramer aus Hannover. Der Fachanwalt für Arbeitsrecht rät Arbeitnehmern daher vor einer Krankschreibung beim Chef oder der Personalabteilung nachzufragen, ob schon für den ersten oder zweiten Fehltag ein ärztliches Attest benötigt wird.

Aber: Will der Arbeitgeber neu anordnen, dass ein Attest bei Krankschreibung bereits früher vorgelegt werden soll, braucht er dafür die Zustimmung des Betriebsrats.

Krankmeldung: Wann, wo, wie?

Auch ein schwerer Krankheitsfall entbindet Angestellte übrigens nicht vom sofortigen Krankschreiben beim Arbeitgeber. „Die Krankschreibung hat unverzüglich zu erfolgen", erläutert Kramer. Wenn irgend möglich müssen sich Arbeitnehmer daher noch vor dem üblichen Arbeitsantritt beim Vorgesetzten krankmelden, damit der entsprechend umplanen kann.

Keppler rät zudem, bei der Krankmeldung die Form zu wahren – eine SMS mit dem Inhalt "Bin krank heute" an einen Kollegen wirke unseriös und reiche oftmals als Krankschreibung nicht aus.

Stichtag für die Krankschreibung

Wer sich länger krankschreiben muss, ist dazu verpflichtet spätestens am vierten Kalendertag der Krankheit eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen. „Wenn sich der Arbeitnehmer am Freitag krankmelden muss, sollte die Bescheinigung also am Montag im Unternehmen vorliegen", sagt die Stuttgarter Anwältin. Andernfalls drohe eine Abmahnung – und im Wiederholungsfall die Kündigung.

Auch bei Krankheit oder Unfall im Urlaub gelte es zügig die nötigen Papiere auf die Arbeit zu schicken, damit Arbeitnehmer die ausgefallenen freien Tage später nachholen können. Dabei muss auch aus ausländischen Attesten klar hervorgehen, dass der Betroffene arbeitsunfähig ist. Eine Attestierung des Krankheitsbildes allein genügt nicht. Und auch eine Krankschreibung aus dem Ausland sollte "die Unterschrift des behandelnden Arztes und nicht etwa einer Krankenschwester" tragen, empfiehlt Keppler.

Wenn die Krankmeldung versäumt wird

Der Arbeitnehmer muss seinen Pflichten nachkommen und sich krankschreiben. Bei nicht rechtzeitigem Krankmelden oder Einreichen des Attests droht eine Abmahnung. Der Arbeitgeber muss in der Abmahnung ganz genau beschreiben, welche Pflicht verletzt wurde: die Anzeigepflicht oder die Nachweispflicht. Nur dann ist die Abmahnung rechtsgültig.

Legt der Arbeitnehmer kein Attest vor, kann der Arbeitgeber die Lohnfortzahlung verweigern (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 EFZG). Liefert der Arbeitnehmer allerdings später ein Attest nach, das nachträglich seine Arbeitsunfähigkeit bescheinigt, dann muss der Arbeitgeber den Lohn rückwirkend für die ganze bescheinigte Krankheitsdauer bezahlen.

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Nach dem Krankschreiben : Wer darf was?

Trotz Krankmeldung: Einkaufsbummel mit Fieber?

Nach dem Krankmelden sind Arbeitnehmer in der Regel nicht an die Wohnung gefesselt. Grundsätzlich ist gestattet, was der Arzt erlaubt. Während ein Sachbearbeiter sich etwa trotz Grippe in den Supermarkt schleppen oder ein Bauarbeiter mit gebrochener Hand Freunde besuchen darf, fällt bei Rückenbeschwerden auch der wochenlang geplante Umzug aus.

„Der Arbeitnehmer ist verpflichtet alles zu tun, was der Genesung dient – und alles zu unterlassen, was der Gesundheit schadet", sagt Stefan Kramer.

Reisen trotz Krankschreibung: Erlaubt, aber nicht immer glaubwürdig

Nach Angaben des Arbeitsrechtlers fördere mitunter eine Urlaubsreise sogar die Gesundheit, beispielsweise bei einer psychischen Erkrankung. In der Regel sollten Arbeitnehmer aber davon absehen nach dem Krankschreiben zu verreisen, da dies der Glaubwürdigkeit im Unternehmen schadet.

"Youtube-Videos vom Karibikurlaub während der Krankmeldung können durchaus langfristige, argwöhnische Reaktionen im Kollegenkreis nach sich ziehen", warnt Keppler.

Nach der Krankschreibung ist Arbeit tabu

Nach dem Krankmelden ist Arbeit in jedem Fall tabu. Das gilt auch für Nebenjobs: Wer nicht im Büro erscheint, sollte besser keine Versicherungen an den Mann bringen oder einer freien Beratertätigkeit nachgehen. Auch von der Arbeit am eigenen Neubau raten Rechtsexperten ab.

Die möglichen Folgen reichen vom gestörten Vertrauensverhältnis im Betrieb „bis hin zur fristlosen Kündigung, wenn der Arbeitnehmer beispielsweise für ein Konkurrenzunternehmen arbeitet", erklärt Rechtsanwalt Kramer.

Beim Krankschreiben gilt: „Der Gelbe Schein ist kein Urlaubsschein“

„Hat der Chef berechtigte Zweifel an der Echtheit des Leidens, kann er über die zuständige Krankenkasse den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) zur Erstellung eines Gutachtens über die Arbeitsunfähigkeit einschalten. Das erstellt der MDK entweder nach Sichtung der Patientenakte, oder der Arbeitnehmer wird zur ärztlichen Untersuchung eingeladen. "

„Arbeitnehmer sollten in jedem Fall Einsicht in die Unterlagen verlangen und die Ergebnisse mit ihrem Arzt durchsprechen", sagt Katja Rupp, Geschäftsführerin der Gesellschaft für Versicherte und Patienten (DGVP) in Heppenheim. Hält der behandelnde Arzt das Gutachten für nicht tragbar, rät die Verbraucherschützerin zum Widerspruch – am besten im Dialog mit der zuständigen Krankenkasse.

Darf der Arbeitgeber nach der Krankmeldung Auskunft über die Krankheit des Arbeitnehmers verlangen?

Auch wenn der Arbeitgeber gerne wüsste, was Sache ist: Der Arbeitnehmer muss ihm bei einer Krankmeldung nicht mitteilen, was ihm fehlt. Die Diagnose ist reine Privatsache. Was der Arbeitgeber aber verlangen darf, ist Auskunft darüber, wie lange die Krankheit voraussichtlich dauern wird.

Übrigens: Hat der Arzt einen Mitarbeiter für zwei Wochen krankgeschrieben, und ist dieser schon nach einer Woche wieder fit, hat der Mitarbeiter wieder bei der Arbeit zu erscheinen. Wer gesund und arbeitsfähig ist, muss seine Tätigkeit wieder aufnehmen.

Nach dem Krankmelden: Darf der Arbeitgeber einen Detektiv einschalten?

Bei begründeten Zweifeln oder Verdachtsmomenten an einer Krankschreibung darf der Arbeitgeber seinem Angestellten auch persönlich auf den Zahn fühlen – oder einen Vertreter oder eine Detektei einschalten. Baut Kollege Maier gerade sein Einfamilienhaus und leidet seit der Grundsteinlegung unter Dauergrippe, darf der Chef oder ein Detektiv mit einem Fotoapparat die Lage auf der Baustelle überprüfen.

Bei der Prüfung einer Krankmeldung darf die Privatsphäre des Betroffenen nicht verletzt werden, beispielsweise indem durch Wohnungsfenster fotografiert oder sich unrechtmäßig Zutritt verschafft wird. Wird ein Simulant enttarnt, zieht das eventuell die fristlose Kündigung nach sich. „Schließlich ist der Gelbe Schein kein Ersatz für den Urlaubsschein", sagt Stefan Kramer.

Sechs Wochen Krankengeld erhalten nach Krankschreiben

Du musst dich krankmelden? Keine Sorge, finanziell sind Arbeitnehmer während der Krankmeldung abgesichert: Sechs Wochen oder 30 Arbeitstage lang erhalten erkrankte Angestellte ihr reguläres Einkommen, danach kommt erst einmal die Krankenkasse für den Lohn auf.

Diese Regelung gilt für jede gesundheitliche Einschränkung einzeln – etwa, wenn der Arbeitnehmer sich erst wegen einer Grippe krankschreiben muss und später einen Beinbruch erleidet. "Falls man sich jedoch wegen der gleichen Krankheit mehrfach krankmelden muss, fangen die sechs Wochen nicht jedes Mal von vorne an", erläutert Fachanwalt Kramer.

Krankheitsbedingte Kündigung: Der Worst Case nach dem Krankschreiben!

Du musst dich länger krankmelden? Schlimmstenfalls kann eine anhaltende Krankheit zum Verlust des Arbeitsplatzes führen. Vor eine krankheitsbedingte Kündigung hat der Gesetzgeber aber zahlreiche Hürden gestellt – die allerdings nur greifen, wenn für den Arbeitnehmer das Kündigungsschutzgesetz gilt.

„Zum einen sind Betriebe verpflichtet, nach länger anhaltenden Erkrankungen ein Wiedereingliederungsmanagement durchzuführen", sagt Birte Keppler. „Zum anderen müsse der Arbeitnehmer in der Regel mindestens ein Jahr lang krankheitsbedingt abwesend und nachweislich nicht in der Lage sein, seine Tätigkeit wieder aufzunehmen.“

Bei einer langfristigen Krankmeldung: Der Einzelfall entscheidet

„Die zentrale Frage lautet, ob der Erkrankte seinen Job in Zukunft wieder machen kann", erläutert Keppler. Verliere etwa ein Kraftfahrer bei einem Unfall einen Arm, sei eine krankheitsbedingte Kündigung rechtens, da er seinen Beruf nicht mehr ausüben könne.

„Ist hingegen nach einem schweren Motorradunfall wieder mit der vollständigen Genesung des Arbeitnehmers zu rechnen, kommt eine Kündigung nicht in Frage – auch wenn der Betroffene der Arbeit zwei Jahre fernbleiben muss", sagt die Fachanwältin aus Stuttgart.

Langfristige Krankschreibung – Beweislast liegt beim Arbeitgeber

„Die Beweislast dafür, dass eine Weiterbeschäftigung ohne erhebliche Störung des Betriebs nicht möglich ist, liegt beim Arbeitgeber", führt Stefan Kramer aus. Der Arbeitsrechtler weist außerdem darauf hin, dass ein Unternehmen vor einer krankheitsbedingten Kündigung alle Mittel für eine spätere Weiterbeschäftigung ausgeschöpft haben muss. Dazu zähle etwa die zeitweise Einstellung einer Vertretungskraft und die Prüfung, ob der Betroffene an anderer Stelle im Betrieb oder mit verkürzten Arbeitszeiten weiter eingesetzt werden kann.

Kommt es zur Kündigung, muss sich der Arbeitgeber an die üblichen Formalien halten. Daher raten Experten für den Fall der Fälle zur Kündigungsschutzklage und gerichtlichen Prüfung auf soziale Rechtfertigung. Zuvor sollten Betroffene einen einschlägig erfahrenen Anwalt zu Rate ziehen.

Bei längerer Krankschreibung: Neuer Job für Neustart?

Wer sich bei seinem aktuellen Arbeitgeber länger krankmelden muss, sollte die Gründe für die Krankheit hinterfragen. Psychische Probleme, die zum langen Krankschreiben führen, könnten sich mit einem Jobwechsel verbessern. Nach langer Krankmeldung kann es auch helfen, in einem neuen Arbeitsumfeld einen Neustart hinzulegen. Oder interessierst du dich für mehr Themen rund um Arbeitsrecht oder für Bewerbungstipps? Dann werde noch heute ein Monster und lege dir einen kostenlosen Account an. Wir helfen dir dabei, alle Möglichkeiten zu entdecken.

Ansprechpartner

Dr. Stefan Kramer
Dr. Birte Keppler