Erfolgreich im Assessment Center

Assessment Center-Übungen im Überblick

von Giselle Chaumien-Wetterauer

Viele Firmen veranstalten Assessment Center, um Bewerber in ganz berufsrelevanten Situationen agieren zu sehen. Wir verraten dir, welche Übungen dich erwarten können und geben Tipps, wie du erfolgreich durchs Assessment Center kommst.

Unternehmen, die sich nicht ausschließlich auf Bewerbungsunterlagen oder das Vorstellungsgespräch verlassen und ein Assessment Center (AC) durchführen, haben größere Chancen, an den richtigen Bewerber zu geraten und zum Beispiel den passenden Trainee einzustellen: Das Risiko einer Fehlbesetzung wird verringert, denn diese kann immense Kosten verursachen. Im AC - der Begriff kommt aus dem englischen Wort "to assess", also "bewerten, einschätzen" - erleben die Prüfer, die so genannten Assessoren, den Kandidaten sozusagen „live“ in relevanten Praxissituationen.

Assessment Center: Der Ablauf im Überblick

Ein Assessment Center besteht aus verschiedenen Übungen und Gesprächen. Die Assessoren beobachten und bewerten während der Übungen, wie sich die Kandidaten verhalten. Übrigens werden AC nicht nur bei Neueinstellungen, sondern auch im Rahmen von Auswahlverfahren für eine interne Versetzung oder Beförderung eingesetzt.

Neben Einzelgesprächen werden Einzel-, Partner- und Gruppenübungen durchgeführt. Dabei kommt es vor allem auf die Verhaltensweisen der Bewerber an: Ist der Kandidat aggressiv oder schüchtern, wirkt er souverän oder überfordert, lässt er andere Meinungen gelten, wie geht er bei der Lösungsfindung vor, bindet er seine „Mitbewerber“ ein? Der Umgang miteinander, die Kommunikations- und Beurteilungsfähigkeit, Fairness und das zielführende Vorgehen sind dabei nur einige der Aspekte, die unter die Lupe genommen werden.

Meist werden die Bewerber auch mit Intelligenz-, Leistungs- und Persönlichkeitstests konfrontiert. Am Ende des AC erfolgt ein Feedback, auch wenn du nicht in die engere Wahl kommst. Nutze diese Chance, in Erfahrung zu bringen, wie dein Verhalten von anderen wahrgenommen wird, damit du beim nächsten AC die Hinweise entsprechend berücksichtigen kannst.

Eckpunkte

  • Dauer: 1,5 bis 3 Tage (sog. "Mini-AC" dauern nur einen halben oder einen Tag)
  • Gruppenverfahren mit sechs bis zwölf Teilnehmern (im Führungskräftebereich auch Einzel-AC)
  • Faustregel: je zwei Kandidaten ein Assessor
  • Übungen: Einzel-, Partner- und Gruppenübungen
  • Feedback durch die Assessoren

Das kommt auf dich zu: Die Übungen im Überblick

1. Einzelübungen: Bei diesen Aufgaben ist jeder Kandidat auf sich allein gestellt. Hierzu zählen unter anderem:

  • die Postkorbübung (Ziel: organisatorisches Vorgehen)
  • Einzelpräsentationen Selbstpräsentation und Vorträge
  • organisatorische Aufgaben

Wie funktioniert die Postkorbübung?

Bei dieser Übung erhält der Kandidat 10 bis 20 Dokumente in einem echten oder elektronischen Postkorb, die innerhalb einer bestimmten Zeitspanne abgearbeitet werden sollen. Jedes Dokument beinhaltet Informationen, die bei der Priorisierung zu berücksichtigen sind. Der Bewerber steht unter massivem Zeitdruck und muss die Probleme ohne Rückfragen in sinnvoller Reihenfolge lösen. Die Postkorbübung gibt den Entscheidern ein Bild davon, wie stressresistent und entscheidungsfreudig der Bewerber ist, wie groß seine analytischen Fähigkeiten sind und wie gut der Kandidat delegieren kann. Meist ist die Aufgabe so angelegt, dass sie in der vorgegebenen Zeit nicht vollständig gelöst werden kann. Hier hilft nur, mit voller Konzentration so logisch und strukturiert wie möglich vorzugehen und die Entscheidungen danach gut zu begründen.

Zur Abrundung des Bildes, das sich die Entscheider Personaler machen wollen, werden außerdem Einzelgespräche geführt. Besonderes Gewicht liegt dabei auf Fragen zu Stärken und Schwächen, beruflichen Niederlagen und Misserfolgen, dem persönliche Wertesystem und so weiter. So genannte Stressgespräche mit provokativen Fragen wie beispielsweise „Glauben Sie wirklich, dass Sie der/die Richtige für diese Stelle sind?“ werden heute nicht mehr so oft durchgeführt. Fragt man Sie nach Ihrer Meinung zu den anderen Kandidaten, wird Ihre Fähigkeit, andere (fair) zu beurteilen, geprüft.

2. Partnerübungen: Hier steht das Kommunikationsverhalten im Vieraugengespräch im Fokus. Beispiele:

  • Konfliktgespräche
  • Pro- und Kontradiskussionen

Als Kandidat finden Sie sich in Konfliktgesprächen meist in der Rolle des Vorgesetzten wieder, der eine problematische Situation zu meistern hat. Tragen Sie Kritikpunkte sachlich vor, achten Sie auf Ihre Körpersprache (Blickkontakt, aktives Zuhören, Gestik und Mimik ). Im Blickpunkt der Prüfer stehen Ihr Argumentationsvermögen, Ihre Souveränität im Umgang mit Angriffen, Ihre Rhetorik und Ihre Schlagfertigkeit sowie das grundsätzliche Kommunikationsverhalten.

Häufige Ausgangssituation ist ein kritisches Mitarbeitergespräch oder ein schwieriges Kundengespräch. Hier gilt es vor allem, Empathie zu beweisen und keine unkontrollierten, emotionalen Antworten zu geben. Ruhe und Souveränität bewahren ist die Devise. Dennoch sollten die Interessen des Unternehmens stets gewahrt bleiben. Wer es schafft, einen Konsens zu finden und einen tragfähigen Kompromiss auszuhandeln, steht am Schluss gut da. Tipp: Aktives Zuhören bringt oft mehr als seinen Gegenüber mit einem Wortschwall überzeugen zu wollen. Nur wer die Gegebenheiten gut einschätzen kann, wird einen akzeptablen Lösungsvorschlag finden. Wichtig ist dabei außerdem, die Uhr im Auge zu behalten. Innerhalb der vorgegebenen Zeit sollte sich in dem Gespräch eine überzeugende Lösung abzeichnen.

3. Gruppenübungen: Hier geht es für den Kandidaten darum, unter Beweis zu stellen, dass er in komplexen Arbeitssituationen als „Primus inter paris“ bestehen kann. Dabei beobachten die Assessoren sein Verhalten mit besonderer Aufmerksamkeit. In diese Kategorie fallen die:

  • Gruppenarbeiten
  • Rollenspiele
  • Fallstudien und
  • Gruppendiskussionen

Die Gruppendiskussion wird im Assessment Center sehr häufig eingesetzt, um die Kandidaten auf den Prüfstand zu stellen. Wie agiert der Bewerber in der Gruppe? Wie stark bringt er sich ein? Lässt er andere ausreden oder drängt er sich in den Vordergrund? Bleibt er unsichtbar? Das Wichtigste ist, dass man in der Diskussion immer sachlich bleibt und zielorientiert argumentiert. Beißen sich die Teilnehmer an einem Detail fest, macht es sich immer gut, moderierend in das Gespräch einzugreifen und die Diskussion auf ihr eigentliches Ziel zurückzuführen. Wer anderen gut zuhören kann und sich mit sinnvollen Beiträgen einbringt ohne dominieren zu wollen, wird hier seine Teamfähigkeit eindrucksvoll unter Beweis stellen.

Unsere Monster Tipps:

Tipps für die Vorbereitung auf das Assessment Center

  • Informiere dich umfassend über das Unternehmen. Gute Quellen sind die Unternehmenswebseite, der Social Media Auftritt und Meldungen in der Fachpresse.
  • Übungen wie die Selbstpräsentation, die Postkorbübung oder die Gruppendiskussion kommen in fast jedem Assessment Center vor. Mit Hilfe von Fachliteratur kann man sich darauf gezielt vorbereiten.
  • Bleibe authentisch und versuche nicht, eine Rolle zu spielen. Sinn und Zweck der Tests im Assessment Center ist es, dich wirklich kennenzulernen und deine Persönlichkeit realistisch einzuschätzen. Mit einem falschen Bild von dir ist weder dir, noch dem Arbeitgeber geholfen.

Tipps für Gruppenarbeiten

  • Versuche, die Aufgabe zu strukturieren und einen Zeitplan festzulegen.
  • Bei komplexen Aufgaben bietet sich die Einteilung in Projektteams an, die Teilaspekte bearbeiten.
  • Wenn es dir gelingt, eine Koordinatoren- oder Projektleiterrolle einzunehmen, wird dies positiv im Hinblick auf Führungspotenzial bewertet.
  • Nutze Visualisierungsmedien wie Flipcharts oder Metaplankarten.

Tipps für das Rollenspiel

  • Verschaffe dir möglichst schnell einen Überblick über die Interessenlage der anderen Teilnehmer.
  • Schmiede Allianzen und versuche, Kompromisslösungen zu finden.
  • Halte getroffene Vereinbarungen schriftlich fest.

Wichtige Umgangsregeln in Gesprächen (nicht nur im Assessment Center!)

  • Lass andere Teilnehmer ausreden.
  • Bleibe sachlich und greife niemanden persönlich an.
  • Höre aktiv zu und greife die Beiträge anderer auf.
  • Spiele dich nicht zu sehr in den Vordergrund.