Traineeprogramm - das richtige finden

von Michael Vogel

Nach dem Studium nicht gleich auf eine feste Position wechseln, sondern ein Unternehmen und seine übergreifenden Organisationsstrukturen genauer kennen lernen, bevor man sich auf eine Abteilung festlegt: Immer mehr Hochschulabsolventen finden an diesem Gedanken Gefallen.

Die meisten Absolventen haben Interesse an Traineeprogrammen

Eine Studie der Managementberatung Kienbaum im Auftrag des Mischkonzerns Haniel kommt zu dem Schluss, dass die große Mehrheit der Hochschulabsolventen sich ein Traineeprogramm grundsätzlich vorstellen können: 94 Prozent, ein Jahr davor waren es 84 Prozent. An der Anfang 2012 vorgestellten Befragung nahmen 400 Unternehmen und knapp 360 Absolventen teil.

Wobei man sich als Bewerber auch die Relationen vor Augen führen sollte: Trainees sind und bleiben eine Minderheit unter den Berufsanfängern. Stefanie Zimmermann, Karriereexpertin beim Staufenbiel Institut, bestätigt, dass "quasi jedes Unternehmen den direkten Einstieg bietet, Traineestellen dagegen deutlich seltener angeboten werden".

Was ist eigentlich ein Trainee?

Doch der Begriff Trainee ist nicht geschützt. Jedes Unternehmen legt selbst fest, wie ein Traineeprogramm ausgestaltet ist. "Die Mehrzahl der Angebote hat sicherlich eine hohe Qualität, aber es gibt leider noch immer Unternehmen, bei denen Trainees primär eingestellt werden, um Geld zu sparen", sagt Stefanie Zimmermann.

"Wenn der Trainee Glück hat, bekommt er in so einem Programm mal ein Weiterbildungsseminar, aber ansonsten hat er vor allem Routineaufgaben und kaum Verantwortung." Wer sich für ein Traineeprogramm interessiert, sollte sich also schon vorab und in der Bewerbungsphase ein sehr genaues Bild davon machen, was ihn erwartet.

16 Monate, viele Ausbildungsstationen

In seiner jährlich durchgeführten Studie zu den Berufsaussichten von Hochschulabsolventen hat das Staufenbiel Institut zuletzt ermittelt, dass Traineeprogramme im Schnitt 16 Monate dauern, in denen die Trainees durchschnittlich fünf Ausbildungsstationen durchlaufen. Bei etwa der Hälfte der 255 befragten Unternehmen gehört ein Auslandseinsatz zum Programm dazu. Bei der Haniel-Studie gaben 40 Prozent der Beteiligten 18 Monate als Programmdauer an, ein Fünftel zwei Jahre. Typisch für jede Station sei eine Länge von drei bis vier Monaten.

Ein wichtiges Entscheidungskriterium für die Auswahl eines Traineeprogramms ist dessen Struktur. "Daran kann man erkennen, ob es sich um ein klassisches Traineeprogramm oder eher um ein Training-on-the-job handelt", sagt Jürgen Bühler, Geschäftsführer der auf akademische Nachwuchskräfte spezialisierten Personalberatung Alma Mater. "Inhalt und Ablauf des Programms sollten so angelegt sein, dass ein Trainee mehrere Bereiche kennen lernt, Weiterbildungen im Bereich Soft Skills bekommt und sein Netzwerk im Unternehmen aufbauen kann."

Trainees sind keine Edelpraktikanten

Die konkrete fachliche Arbeit sei zwar wichtig, aber im Vordergrund stehe die Möglichkeit, dass sich der Trainee einen guten Überblick über das Unternehmen verschaffen könne. Stefanie Zimmermann ergänzt, dass "individuell abstimmbare Inhalte ebenfalls für die Qualität eines Traineeprogramms sprechen". Gerade die Unterstützung durch einen Koordinator oder noch besser durch einen entsprechend hoch in der Unternehmenshierarchie angesiedelten Mentor sei ein wichtiges Zeichen dafür, dass das Unternehmen den vorgesehenen Entwicklungsplan für den Trainee auch tatsächlich umsetzen wolle.

Das angebotene Gehalt ist ein weiteres Indiz für die Qualität eines Traineeprogramms. "Vorsicht vor Unternehmen, die Ihnen 20.000 Euro Jahresbezüge unter dem Hinweis bieten, dass Sie dafür immerhin eine sehr gute Ausbildung bekämen", warnt Jürgen Bühler. Trainees seien keine Edelpraktikanten. "Marktübliche Gehälter liegen in einem ähnlichen Bereich wie für Direkteinsteiger."

Trainees sind potenzielle Führungskräfte

Dagegen sollte die Art des Arbeitsvertrages – befristet oder unbefristet – kein entscheidendes Kriterium für die Auswahl eines Traineeprogramms sein. Hierbei gibt es einfach beide Formen. Entscheidend ist, dass das Unternehmen einem Bewerber glaubhaft signalisiert, dass es auch bei einem befristeten Vertrag an einer Weiterbeschäftigung interessiert ist. Sonst sollte sich der Bewerber fragen, warum ein Arbeitgeber so viel Geld in ihn investieren will – gute Traineeprogramme kosten einiges –, wenn er anschließend eh nicht auf ihn setzt.

Trainees gelten als potenzielle Nachwuchsführungskräfte. Wie ernst es einem Unternehmen damit tatsächlich ist, lässt sich nicht so leicht klären. Natürlich kann sich ein Bewerber auf der Karriereseite des Unternehmens nach Referenzen umschauen, die die Laufbahnen von Trainees beispielhaft beschreiben. Aber das liefert nicht mehr als einen Anhaltspunkt. "Fragen Sie im Bewerbungsgespräch explizit nach dem Anteil der Trainees, die im Unternehmen eine Führungsposition bekleiden" rät Stefanie Zimmermann. Eventuell gibt es auch die Möglichkeit direkt mit einem Trainee zu sprechen, der schon im Unternehmen arbeitet.

Jürgen Bühler weist auch auf die Möglichkeiten der Sozialen Netze bei dieser Frage hin: "Dort können Sie nach Menschen suchen, die in ihrem Lebenslauf eine Station als Trainee beim betreffenden Unternehmen inne hatten. Dann sehen Sie sofort, was aus dem Ehemaligen geworden ist – ob er eine anspruchsvolle Position inne hat und ob verschiedene Trainees beim selben Unternehmen inzwischen eine gewisse Vielfalt an Positionen bekleiden, oder ob sie womöglich erst bei einem anderen Unternehmen Karriere gemacht haben."