Recruiter Experience versus Candidate Experience

Candidate Experience ist DAS Modewort in der HR-Welt.  Der Tenor: Je zufriedener der Kandidat mit dem Rekrutierungspozess, umso größer die Chance auf einen Rekrutierungs-Erfolg. Doch eines gerät dabei außer Acht: Eine schlechte “Erfahrungswertschöpfungskette” von Kandidaten zeugt nicht zwingend von der Unfähigkeit eines Personalers, sondern fußt häufig auf einer mangelhaften Recruiting-Ausstattung. Also sprechen wir doch zur Abwechslung mal über die Recruiter Experience.

Von Sonja Dietz

In Zeiten des Fachkräftemangels und demographischen Wandels stöhnen viele Branchen unter dem Nachwuchsmangel auf und suchen händeringend nach Personal. Das sorgt für Druck in den Personalabteilungen. Besonders betroffen ist die IT-Branche. Hier gehen Deutschlands Top-1000-Unternehmen davon aus, dass 38,7 Prozent der offenen Vakanzen nur schwer und 6,1 Prozent gar nicht zu besetzen sind. So das Ergebnis der Studie Recruiting Trends.

Candidate Experience geht nicht ohne Recruiter Experience

Umso wichtiger, dass die Candidate Experience stimmt. Denn je leer gefegter der Arbeitsmarkt, umso mehr muss das Klima zwischen Kandidaten und Arbeitgeber stimmen. Denn Kandidaten suchen sich heutzutage ihre Arbeitgeber aus, nicht mehr umgekehrt. Doch es hapert vielerorts an einer guten Candidate Experience – das ist hinlänglich bekannt. Unter dem Stichwort Candidate Experience subsumieren sich alle Erfahrungen, die ein Kandidat im Rekrutierungsprozess macht.

Und die sind allgemeinhin nicht besonders gut, kritisiert zum Beispiel Wolfgang Brickwedde: “Ein erster Schritt wäre es, wenn Personaler sich nur einmal spaßeshalber bei sich selber bewerben würden! Sie würden erkennen, dass ihre Jobs bei Google nicht zu finden sind, dass auf ihrer Unternehmens-Homepage der Karrierebereich nicht, oder nur schwer zu finden ist, dass die ausgeschriebenen Stellenanzeigen nicht gerade die spannendsten sind, und dass das Bewerbungsformular viel zu lang ist und dann auch noch zweimal aus technischen Gründen abbricht. Dann bekommt das Thema Candidate Experience ganz schnell eine höhere Bedeutung”, sagte der Director des Instituts for Competetive Recruiting (ICR) jüngst gegenüber dem HR-Magazin.

Studie: Reaktionszeiten im Recruiting dauern immer länger

Jüngst befeuerte eine Studie des Arbeitgeberbewertungsportals Glassdoor die Debatte noch mehr. Die Erhebung brachte ans Licht, dass die Reaktionszeiten nach Eingang einer Bewerbung grundsätzlich zu lange dauern. Mehr noch haben sie sich seit 2010 sogar deutlich erhöht. So dauerte der Bewerbungsprozess in Deutschland 2014 im Schnitt 28,8 Tage und somit drei Tage länger als noch vier Jahre zuvor.

Die sich hieraus ergebenden Vorwürfe gegenüber HR, zu langsam bei der Personalgewinnung und –auswahl zu sein, reihten sich nahtlos ein in die vorherrschende Kritik in punkto Candidate Experience. Das Bild vom verstaubten und rückständigen, nicht-kundenorientierten HR-Manager schien sich ein weiteres Mal zu bestätigen.

Doch ist dem wirklich so? Das fragt sich inzwischen eine Fraktion, die zunehmend ins Zweifeln gerät, ob die grundlegende Voraussetzung für eine gute Candidate Experience nicht die einer guten Recruiter Experience ist. Sprich: Nur dann, wenn der Recruiter auch über Tools verfügt, die ihn in seiner Arbeit unterstützen, kann er seinen Job auch wirklich gut machen. Und dieser optimalen Rekrutierungserfahrung folgt in aller Regel auch eine optimale Kandidatenerfahrung. Warum? Ganz einfach: Weil die Technik dem Recruiter viele Aufgaben abnimmt und diesem dann mehr Zeit bleibt, sich intensiv um die Ressource Mensch zu kümmern. Doch allzu oft entspricht all das nicht der Realität in den Unternehmen.

Recruiting Experience: Unternehmen scheuen Investitionen

Experte Wolfgang Brickwedde deutete es eingangs bereits an. Die Probleme sind breit gefächert. Das fängt schon damit an, dass Stellenanzeigen oft nicht suchmaschinenoptimiert sind. Wie sollen sie dann gefunden werden? Oder sie entsprechen nicht den modernen Standards des Employer Brandings. Oft ist auch das Bewerbermanagement nicht optimal auf die Prozesse im Unternehmen zugeschnitten und überdies fragt das Bewerbungsformular nicht alle oder zu wenige Qualifikationen der Bewerber ab. Die Liste der gängigen Recruiting-Fauxpas’ führt jedoch die nicht-responsive Gestaltung des Karrierebereichs auf der Unternehmenswebseite an, wohingegen der Rest des Unternehmensauftritts natürlich für Mobilgeräte optimiert ist. “Was soll das?”, fragt sich der moderne Bewerber da nicht ganz zu Unrecht.

Schließlich gibt es aus technologischer Sicht inzwischen diverse Hilfsmittel, die die Probleme vielleicht nicht ganz, doch aber zum großen Teil lösen können. Modulare Bewerber Management Systeme etwa, die exakt auf die Bedürfnisse eines Unternehmens anpassbar sind und ganz einfach an die Unternehmenshomepage “angedockt” werden können. Ebenso wie spezielle  Add Ons für eine optimale Karriere Homepage – responsiv und anpassbar auf das Corporate Design. Darüber hinaus gibt es Talentsuchmaschinen, die das Active Sourcing erleichtern. Sie grasen das Web und seine speziellen Communities nach Kandidaten mit Spezialkenntnissen ab. Hinzu kommen Tools zum verbesserten Recruiting via Social Media und, und, und.

Doch allzu oft scheitert die Einbindung und Anwendung der neuen Technologien nicht an den Recruitern selbst, sondern an der Geschäftsführung, die die entsprechenden Investitionen scheut. Im Gegenteil wären viele Recruiter sogar erleichtert, von den neuen Technologien zu profitieren.  Doch in der Regel müssen diese mit überholten Methoden in schnelllebigen Märkten um Kandidaten ringen. Ade Recruiter Experience, ade Candidate Experience, ade Hiring Success. Ein Teufelskreis.

Recruiting Experience: Lasst das Recruiter-Bashing

Auch auf dem Blog metaHR zeigt man sich aus ähnlichen Gründen verständnisvoll: “Bei aller Berechtigung zur Kritik an HR finde ich trotzdem, dass dieser Spin, der häufig aus HR-Blog / Medien kommt, gerade jenen Personalern Unrecht tut, die versuchen besser zu werden und sich mit bekannten Problemen aktiv auseinandersetzen”, heißt es hier. “Diese HR-Bashing-Attitüde, welche, wenn auch sicher oft nicht so gemeint, doch in so manchen Artikeln spürbar mitschwingt, ist letztlich kontraproduktiv.”

Und weiter: “Unter Druck und Vorwürfen ausgesetzt neigen Menschen nämlich in der Regel nicht dazu innovativ und mutig zu sein. Da kann noch so viel “Frechmut” von Personalern verlangt werden. Die Mehrheit wird sich dann leider eher defensiv verhalten und das ist nach meiner Wahrnehmung eben genau das was viele HR-Kritiker eben nicht wollen.”

Kurzum: Die Probleme, mit denen HR aktuell kämpft, dürfen nicht klein geredet werden. Doch nur zu kritisieren, greift zu kurz. Es müssen die innovativen Lösungen eingesetzt werden, die es längst am Markt gibt. Auch ein stärkeres Maß an Kommunikation innerhalb der Unternehmen wäre erfolgversprechend. Eine stärkere Zusammenarbeit mit IT, Marketing, der Unternehmenskommunikation, den Fachabteilungen und der Unternehmensspitze sind Voraussetzungen für einen Recruiting-Erfolg.

Denn nur wenn beispielsweise die Inhalte stimmig sind, kann eine Stellenbeschreibung passgenau auf eine Zielgruppe zugeschnitten werden. Hierfür ist die Kommunikation mit der Fachabteilung das A und O. Doch allzu oft findet diese nur zwischen Tür und Angel statt, wenn überhaupt. Also: Alle ab an den runden Tisch – dann klappt’s auch mit der Recruiter Experience. Die Lösungen liegen auf der Hand, man muss sie nur noch einbinden.

Quo vadis Recruiting?

Es tut sich was im Recruiting! Selten war die Innovationsdichte und –geschwindigkeit in der Personalbeschaffung höher. Und trotz aller Tendenzen zur Digitalisierung rückt parallel der ein Faktor wieder stärker in den Fokus: Der Mensch. Ein Pardoxon? Nein, eigentlich nur konsequent, sagt Expertin Dr. Katrin Luzar, Senior Manager PR & Content bei Monster, im Interview.

Das Interview führte Sonja Dietz

Frau Luzar – wenn man die technologische Entwicklung der vergangenen Jahre in Worte fassen möchte, fällt einem in der Personalbeschaffung auf Anhieb der Dreiklang „schneller, höher, weiter“ ein. Nie verlangte der Markt so schnell nach nach neuen Produkten, Lösungen und Methoden, nie war in den letzten Jahren der Bedarf an Fachkräften höher und nie dachten Unternehmen so weit in die Zukunft wie heutzutage. Quo vadis Recruiting?
Wohin es mit der Rekrutierung geht, ist eigentlich eindeutig zu beantworten. Es menschelt wieder mehr im Recruiting. Trotz aller Produktinnovationen, die die Personalbeschaffung auf den ersten Blick zu einem rein technischen Unterfangen zu machen scheinen, ist genau das Gegenteil der Fall.

Ein interessanter Punkt. Können Sie ein konkretes Beispiel nennen?
Gerne! Wer heute Talente und Fachkräfte rekrutiert, muss das Recruiting anders angehen als noch vor ein paar Jahren. Heutzutage müssen Personaler dorthin gehen, wo sich Talente aufhalten, nicht mehr umgekehrt. Das gilt für die Direktansprache von Kandidaten in natura genauso wie für die Direktansprache im Netz. Im letzten Fall unterstützt die moderne Technik. Smarte Talentsuchmaschinen erledigen in Sekunden, wofür der Personaler mitunter Stunden bräuchte. Recruiter müssen vorab nur die richtigen Suchkriterien eintippen. Den Rest erledigt das Tool. Weltweit. Sekundenschnell. Branchenübergreifend. Und mit einer Ergebnistiefe, die man über Google nicht erhalten würde. Denn das Tool untersucht nicht nur einschlägige Seiten oder Netzwerke, sondern durchforstet auch Fachcommunities, die der Ottonormalverbraucher so nicht kennt.

Klingt bislang aber eher technisch und weniger nach dem von Ihnen postulierten Plus an Menschlichkeit. Ein Algorithmus, der nach Kandidaten sucht. Da menschelt doch nichts!
Im Endeffekt schon! Müsste der Personaler diese dezidierte Personensuche händisch im Netz erledigen, würde ihn das eine Menge Fleiß und Handarbeit kosten. Die Zeit, die er sich unter Zuhilfenahme der modernen Technik spart, kann er in die Größe investieren, auf die es im Recruiting ankommt: Die Ressource Mensch.

Soweit einleuchtend, aber solche Talentsuchen sind noch nicht für alle Branchen und Märkte relevant. Und der Rest der Recruiter guckt weiter in die Röhre? 
Nein, es gibt inzwischen so viele technische Hilfestellungen für die Rekrutierung, die in so ziemlich jeder Angelegenheit unterstützen. Angefangen bei der Stellenanzeige, die inzwischen weit entfernt von der Bleiwüste ist, die sie einmal war. Stattdessen ist sie anschaulich designt, fast im Stil einer kleinen Homepage mit Reitern, Bildern, Videos. Dann gibt es Reichweitenprodukte wie Stellenanzeigen-Banner, Social Media Tools für das Social Recruiting, einfach zu integrierende Module für eine Karrierehomepage im Corporate Design. Selbstredend mobiltauglich. Die Möglichkeiten sind schier unbegrenzt. Man muss sie nur nutzen.

Und daran hapert es Ihrer Meinung nach?
In Gesprächen mit Recruitern, auf Messen und Kundenevents hat sich dieser Eindruck immer mehr verfestigt, ja. HR Experten sehen sich immer wieder dem Vorwurf ausgesetzt, zu langsam bei der Personalgewinnung und –auswahl zu sein. Doch ich bezweifele, dass das Image vom rückständigen und verstaubten Personaler realistisch ist.

Woran machen Sie das fest?
Kritiker beklagen in erster Linie, dass die Candidate Experience allgemeinhin zu wünschen übrig lässt. Das sind sämtliche Erfahrungen eines Kandidaten, die dieser im Bewerbungsprozess mit einem Unternehmen sammelt. Aber ist die Candidat Experience überhaupt zu gewährleisten, wenn die Recruiter Experience dahinter nicht stimmt? Anders gesagt: Nur wenn der Recruiter auch über die Tools verfügt, die ihn in seiner Arbeit unterstützen, kann er diese auch wirklich gut machen. Aus dieser optimalen Rekrutierungserfahrung folgt eine optimale Kandidatenerfahrung.

Warum?
Wie ich es anfangs bereits angedeutet habe: Aus dem schlichten Grund, weil die Technik dem Recruiter viele Aufgaben abnimmt und diesem dann mehr Zeit bleibt, sich intensiv um eine optimale Kandidatenansprache und alle weiteren Aspekte, die zu einer optimalen Candidate Experience gehören, zu kümmern. Doch oftmals scheitert die Einbindung und Anwendung der neuen Technologien nicht an den Recruitern selbst, sondern an der Geschäftsführung, die die entsprechenden Investitionen scheut. Möglicherweise auch deshalb, weil man den Stellenwert, den HR in den kommenden Jahren in punkto Wettbewerbsfähigkeit erlangen wird, unterschätzt. Und in der Folge verwalten viele Personaler ihre Daten tatsächlich noch mit der guten alten Excel-Liste. Ein Teufelskreis.

Wenn Sie sich das Recruiting in zehn Jahren vorstellen. Wie sieht es aus? Die Stellenanzeige wird es dann wohl kaum mehr geben.
Doch. Ich gehe tatsächlich davon aus, dass es Stellenanzeigen auch dann noch geben wird, aber sicher in anderer Form als wir sie heute kennen. Aber irgendeine Basis, um die grundlegenden Informationen über eine vakante Stelle an den Bewerber zu bringen, braucht man auch dann noch. Wir beobachten ja bereits jetzt, dass Wearable IT wie etwa die Smart Watch immer mehr Konsumenten begeistert. Das wird auch Auswirkungen auf die Personalbeschaffung haben.

Stellenanzeigen auf der Smart Watch?
Das natürlich nicht, dafür ist das Display zu klein. Aber vielleicht ein Hinweis auf der Uhr auf vakante Stellen eines Unternehmens, die zum eigenen Profil passen, wenn man sich gerade in einem gewissen Umkreis bewegt. Aber natürlich auch nur dann, wenn man in seinem Profil vermerkt hat, dass man prinzipiell wechselwillig ist. Die Stellenanzeige selbst lässt sich dann via Handy abrufen. Vielleicht gibt es dann auch gar keine Handys mehr, sondern ein Armband, dass eine Art Display auf die nackte Haut des Unterarms projiziert. Auch hierzu gibt es bereits spannende Ansätze.

Klingt interessant. Was könnte noch kommen?
Es ist durchaus denkbar, dass Social Recruiting neue, beziehungsweise andere Wege einschlagen wird. Schon jetzt stellen Zukunftsforscher fest, dass die junge Generation nicht mehr bevorzugt über Facebook oder Twitter kommuniziert, weil zu öffentlich. Messenger wie What’sApp bieten hier eine gute Alternative. Die Möglichkeit zur antizyklischen Kommunikation besteht weiter, aber doch in einem wesentlich privateren Umfeld. Sicherlich wird das auch die Rekrutierung beeinflussen. Erste Personalmarketingansätze gibt es diesbezüglich schon. Der Rest wird sich weisen. Alles eine Frage der Zeit.(Bilder: Sonja Dietz)

 

Expertentalk: Future Work

Das Thema Zukunft der Arbeit ist aktuell in aller Munde. Auch wir wollten wissen, wie es auf dem Arbeitsmarkt weitergeht und haben bei Experten nachgefragt. Zukunftsforscher Oliver Leisse und Tim Weitzel, Professor für Wirtschaftsinformatik, standen Rede und Antwort.

Von Sonja Dietz

Work-Life-Integration, mehr Home Office, Transparenz, Motivation durch Lust an der Arbeit, Kommunikation auf Augenhöhe: Das und mehr erwarten die 20- bis 35-Jährigen heute von Arbeitgebern. Ist die Generation Y zu anspruchsvoll?
Leisse:
Erfreulicherweise! Denn die Bedingungen für erfolgreiche Unternehmen ändern sich auf ganzer Linie. Wir sehen, wie viele der etablierten Dickschiffe langsam vom Idealkurs abdriften, weil sie den Kurs nicht korrigieren. Wir müssen der Generation Y dankbar sein, dass sie uns hilft, viele eingefahrene Rituale und Methoden der Vergangenheit in Frage zu stellen. “Schnelles Feedback auf Augenhöhe” – das bedeutet nicht nur mehr Arbeit durch mehr Dialog, sondern auch schnelleres Sprinten von Ziel zu Ziel.
Weitzel: Wir alle – nicht nur die GenY – suchen neue Wege, Arbeit und Leben besser zu verbinden. Zusammen mit deutlich zugunsten der Kandidaten geänderten Machtverhältnissen auf dem Arbeitsmarkt – zumindest für viele hochqualifizierte Profile – führt das zu einem erhöhten Änderungsdruck auch bei den Unternehmen. Nicht die Generation Y ist zu anspruchsvoll, die ganze Gesellschaft ist modern geworden.

Müssen Arbeitgeber umdenken und eine sinnvollere Mischung aus Arbeit und Freizeit anbieten? Die moderne Technik macht eine Flexibilisierung der Arbeitswelt möglich. Was hindert Unternehmen daran, dies umzusetzen?
Leisse:
Ich denke, es ist so wie im richtigen Leben: Mehr Freiheit macht mehr Spaß. Missbrauch von Freiheit kann es geben, aber mal ehrlich, viel schlechter als aktuell kann es auch nicht laufen. Laut des Engagement Index für 2014 von Gallup haben nur 15 Prozent der Mitarbeiter haben eine hohe emotionale Bindung. Der überwiegende Teil ist unzufrieden. Da muss etwas geschehen. Das Mittel der Wahl ist sicher nicht mehr Kontrolle, sondern mehr Flexibilität und Freiheit.
Weitzel: Work-Life-Balance ist in diesem Zusammenhang ein problematisches Wort, da „Balance“ danach klingt, als wäre mehr des einen automatisch weniger des anderen. Es geht eher darum, technische und organisatorische Möglichkeiten zu schaffen, beides besser – und weniger konfligierend – zu gestalten. Das ist ein gutes Ziel, das seine Grenze nur in der räumlichen und zeitlichen Verteilbarkeit von Aufgaben hat.

Auch ortsunabhängiges Arbeiten steht auf der Wunschliste der Arbeitnehmer. Das mag ja in kleinen Berliner Start-ups funktionieren, aber ist das auch die Zukunft für den guten deutschen Mittelständler oder Konzerne?
Leisse:
Ja, warum nicht. Fest ritualisierte Treffen, bei denen man sich um das Feuer versammelt und die Strategie bespricht und aus Erfolgen und Niederlagen lernt und Jagdausflüge, bei denen der Jäger frei agieren kann – das hat schon früher geklappt. Hätten die Jäger Hausarrest gehabt, wären die Stämme ausgestorben und es würde uns nicht geben.
Weitzel: Wie gut verschiedene Arbeitsmodi funktionieren wäre noch zu ermitteln. Klar ist, dass jede dritte offene Stelle nicht oder nur schwer besetzbar ist, so dass die Unternehmen eher auf derartige Wünsche eingehen müssen. Ein spannender Trade-Off könnte sein, ob ich lieber weniger qualifizierte Kandidaten traditionell beschäftige, oder hochqualifizierte, aber mit Abstrichen in der Produktivität oder zusätzlichen Anstrengung, die neuen Herausforderungen zu adressieren.

Viele Unternehmen hinken den Ansprüchen der jungen Bewerbergeneration weit hinterher. Oft liegt das an langen und viel zu komplizierten Entscheidungsprozessen. Wie können Unternehmen mehr Agilität in ihre Strukturen bringen?
Leisse:
Die interne Kommunikation muss verbessert werden und genau hier ist meines Erachtens der Hund begraben. Dabei gibt es neue und wirklich hilfreiche Intranet Tools, die schnell etabliert werden können und eine schnelle, transparente Kommunikation in der Breite der Organisation und bist hin zur Tiefe der Information liefert.
Weitzel: Vorreiter in der Rekrutierung haben schon lange intern ihre Prozesse standardisiert, optimiert und mit Workflow-Systemen unterstützt, um extern schneller und besser Kandidaten erreichen zu können. Und ein besseres Alignement zwischen einerseits HR- und Fachabteilungen und andererseits Unternehmens- und Personalplanung könnte, auch wenn dies sehr herausfordernd ist, Planbarkeit und zumindest Reaktionskraft verbessern.

Stichwort: Dezentralisierung. Junge Leute wünschen sich ortsunabhängiges Arbeiten. Weg vom Präsenzarbeitsplatz hin zum virtuellen Team – wäre das ein gangbarer Weg? Oder irgendwas dazwischen?
Leisse:
Irgendetwas dazwischen. Vor allem muss uns klar sein: Lösungen fallen nicht vom Himmel, wir müssen testen und experimentieren. Noch haben wir ein ganz kleines bisschen Zeit, noch haben wir Spielräume. Die können aber auch ganz schnell verschwinden.
Weitzel: Wir reden noch zu viel über wollen und verstehen; zu wenig von können. Ich erwarte große Fortschritte von wissenschaftlichen Analysen der zeitlichen und örtlichen Dezentralisierbarkeit der Arbeit: Welche Aufgaben lassen sich wie gut zeitlich und örtlich verteilen? Diese virtualisiere ich dann weitmöglich, aber eher auch nur diese. Vergessen wir aber nicht, dass auch viele Mitarbeiter jeden Alters hier Grenzen sehen und im Home Office soziale Isolation, sinkende Produktivität und Unterstützung fürchten.

 

 

 

 

 

 

 

Die Zukunft der Rekrutierung beginnt jetzt

Die Welt der Rekrutierung ist im Umbruch. Der Fachkräftemangel ist in vielen Branchen deutlich spürbar. Der Wandel vom Arbeitgeber- zum Arbeitnehmer-Markt verlangt nach neuen, innovativen Lösungen in der Personalbeschaffung. In einem Interview mit Marc Irmisch, Vertriebschef bei Monster, eruriert unsere PR-Frau Dr. Katrin Luzar, wohin die Reise geht.
Katrin Luzar: Hallo Marc – schön, dass Du Dir die Zeit genommen hast!

Marc Irmisch: Hallo Katrin! Mach ich gerne.

Katrin Luzar: Auf unser heutiges Gespräch bin ich schon lange gespannt. Du wagst nämlich eine steile These. „Die Zukunft im Recruiting beginnt jetzt“. Klingt gut! Aber was steckt dahinter?

Marc Irmisch: Naja, wir alle wissen ja, dass das Recruiting längst nicht mehr ist wie noch vor ein paar Jahren. Personaler können sich nicht mehr durch Wäschekorbe voller Bewerbungen wühlen, sondern kämpfen um jedes Talent. In der IT ist die Situation besonders ausgeprägt. Offene Stellen können kaum mehr besetzt werden.  Insofern verlangt das Recruiting nach neuen Lösungen. Und das sofort.


Katrin Luzar:  Da stimme ich Dir voll zu. Aber die Arbeitgeber machen doch schon recht viel. Sie haben erkannt, dass es nicht mehr reicht, eine Stellenanzeige zu schalten und abzuwarten. Stattdessen gehen sie auf Kandidaten zu. Auf Messen, Hochschulevents, über ihre Karriereseite im Netz oder über Social Media, gerne auch als Active Sourcing bezeichnet…

Marc Irmisch: Guter Punkt! Nehmen wir mal das Social Web. Twitter zum Beispiel. Jeder kennt es, jeder nutzt es. Vom kleinen Normalo bis hin zum Papst. Natürlich auch Bewerber und Arbeitgeber.  Die Kunst ist nur, beide zusammenzubringen. Das wird jetzt leichter. Über Twitter-Cards.

Katrin Luzar: Okay, aber das musst du mir jetzt doch nochmal genauer erklären!

Marc Irmisch: Twitter Cards! Das ist sowas wie eine kleine, designte Visitenkarte eines Unternehmens mit Logo, einer Stellenbezeichnung, einer Kurzbeschreibung der Firma und  Link. Damit heben sich Firmen von Wettbewerbern ab. Und das Beste ist: Es entsteht kein zeitlicher Mehraufwand, weil sich die Cards automatisiert versenden lassen.

Katrin Luzar: Twitter als Recruitingkanal. Ist das realistisch? Ich meine, eine Twitter-Nachricht rauscht doch so schnell durch und hat kaum mehr eine Halbwertszeit von 15 Minuten…

Marc Irmisch: Das habe ich auch erst gedacht. Aber das ist nicht der Fall, wenn man sie über die richtigen Suchbegriffe in der Suchfunktion gut auffindbar macht. Twitter hat mehr als 200 Millionen weltweite Nutzer. Warum diese Reichweite nicht fürs Recruiting nutzen?

Katrin Luzar:  Ja, schön und gut. Aber ganz so revolutionär ist das nun auch wieder nicht.

Marc Irmisch: Warte es mal ab! Twitter ist nur die Spitze des Eisbergs. Wir stellen alle Neuheiten bei der Zukunft Personal vor. Wie wäre es beispielsweise mit der ebenso einfachen und effektiven Unterstützung beim Aufbau einer unternehmenseigenen Karriereseite. Oder  innovativen Produkten zum Talent Management und zur Bewerberkommunikation. Sie alle  erleichtern den Recruiting-Alltag  erheblich und es rückt wieder in den Mittelpunkt, worauf es eigentlich ankommt: Der Kandidat. Und wem das immer noch nicht genug ist. Künftig erleichtert auch ein hochmodernes Recruitingtool  Personalern das Auffinden von High Potentials. Die Suche nach der Nadel im Heuhaufen ist vorbei. So, jetzt verrate ich aber wirklich nicht mehr. In diesem Jahr ist der Besuch der Zukunft Personal für jeden Recruiter Pflicht! (lacht!)

Katrin Luzar: Hui, Marc. Ich denke, das muss ich jetzt alles erstmal sacken lassen. Ich danke dir für den Ein- und Ausblick und wir sehen uns bei der Messe!
(Text und Bilder: Sonja Dietz)

Arbeitskräfte aus dem Ausland gewinnen: So geht’s!

von Christiane Toedt (Artikel-Update vom 02.02.2023)

In vielen Branchen ist die Nachfrage nach Fachkräften groß. Wer auf dem Arbeitsmarkt nicht fündig wird, muss kreativ werden. Für manch ein Unternehmen ist es daher naheliegend, auch im Ausland nach Bewerber:innen zu suchen. Das ist zwar mit Aufwand verbunden, lohnt sich aber in vielen Fällen. Im folgenden Artikel zeigen wir deshalb, wie Sie Arbeitskräfte aus dem Ausland gewinnen und langfristig halten.

Warum sollten Unternehmen Arbeitskräfte aus dem Ausland gewinnen?

Internationale Arbeitnehmer:innen zu rekrutieren, macht aus mehreren Gründen Sinn. Zum einen bringt der demografische Wandel Unternehmen dazu, über die Beschäftigung ausländischer Angestellter nachzudenken. Das liegt daran, dass die Belegschaft innerhalb der Unternehmen immer älter wird und nicht genug junge Fachkräfte nachkommen. Um offene Positionen zu füllen, ist für Recruiter:innen deshalb der Blick über die Ländergrenzen hinweg ins Ausland notwendig.

Arbeitskräfte im Ausland sind oftmals nicht nur bestens qualifiziert, sie sind auch Arbeitsuchende mit Motivation und Durchhaltevermögen. Wer sich im Ausland um einen Job bewirbt, nimmt so einige Herausforderungen auf dem Weg auf sich und zeigt den Willen, bürokratische Hürden zu überwinden. Sie als Unternehmen investieren demnach in Personal, das eine langfristige berufliche Perspektive sucht.

Des Weiteren eröffnen qualifizierte Arbeitnehmende aus dem Ausland Businessperspektiven, indem sie neue Blickwinkel einbringen und Unternehmen durch ihren kulturellen Hintergrund dabei helfen, neue Märkte zu erschließen. Das schafft nicht nur neue Geschäftszweige, sondern auch neue Kundschaft – und Ihnen die Gelegenheit, zu einem global agierenden Unternehmen zu avancieren. Für Arbeitsuchende werden Sie so zu einem attraktiven Unternehmen, denn Sie zeigen Ihre weltoffene Seite, die Internationalität und Diversität großschreibt – das ist gleichermaßen ein Plus für Ihr Image.

Was müssen Unternehmen beachten?

Für EU-Bürger:innen in Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Irland, Italien, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich, Portugal, Schweden und Spanien sowie Personen aus Norwegen, Liechtenstein, Island und der Schweiz gilt die uneingeschränkte Arbeitnehmerfreizügigkeit. Das bedeutet, dass sie in Deutschland einem Job nachgehen dürfen, ohne dafür eine Genehmigung beantragen zu müssen.

Doch auch Staatsangehörige anderer Länder dürfen unter bestimmten Voraussetzungen in Deutschland arbeiten. Mit dem Migrations-Check der Bundesregierung finden Unternehmen heraus, ob potenzielle Arbeitnehmer:innen eine Arbeitserlaubnis in Deutschland brauchen oder nicht. Arbeitskräfte aus dem Ausland können Sie unter anderem mit der Hilfe von EURES finden. EURES steht für „European Employment Service“ und ist ein Netzwerk, bei dem sich Arbeitgeber:innen europaweit an Berater:innen wenden können, um Arbeitskräfte zu gewinnen.

Auch die Bundesagentur für Arbeit (BA) kann Unternehmen bei der Suche unterstützen. Diese führt in der Regel eine sogenannte Vorrangprüfung durch. Dabei testet sie, ob ausgeschriebene Stellen durch EU-Bürger:innen oder Deutsche besetzt werden können, bevor Drittstaaten (Länder, die nicht zur Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum – inklusive der Schweiz – gehören) in Erwägung gezogen werden. Besonders bei Unternehmen, die nah an Landesgrenzen sitzen, lohnt es sich, sogenannte Grenzgänger:innen gezielt anzusprechen.

Sonderregeln bei einigen Berufsgruppen

Es gelten außerdem Sonderregeln für bestimmte Berufsgruppen. Zu ihnen zählen Lehrkräfte, Wissenschaftler:innen sowie Saisonkräfte. Sie dürfen ihren Beruf ohne individuelle Vorrangprüfung ausüben. So finden Sie einfach Personal – auch in der Pflege oder in der Gastronomie. Zwei Beispiele:

Pflegekräfte

Pflegekräfte aus Europa dürfen ohne Erlaubnis als Pflegepersonal in Deutschland arbeiten. Pflegefachkräfte aus Drittstaaten benötigen wiederum einen Aufenthaltstitel. Die Bundesagentur für Arbeit muss der Beschäftigung zustimmen, bevor die Arbeitswilligen angestellt werden.

Dazu gibt es bestimmte Vorgaben, die das Pflegepersonal zu erfüllen hat. Hierzu gehört unter anderem eine Qualifikation, die gleichwertig zu einer berufsverwandten Ausbildung in Deutschland ist bzw. das Vorhaben im gleichen Beruf zu arbeiten wie im Heimatland.

Köche und Köchinnen

Restaurants dürfen Köche und Köchinnen aus dem Ausland einstellen, wenn sie landestypische Speisen anbieten. Dazu müssen die Köch:innen Staatsangehörige des Landes sein, nach dessen Küche das Restaurant ausgerichtet ist. Außerdem müssen sie eine abgeschlossene Kochausbildung besitzen und praktische Erfahrung von mindestens zwei Jahren im Herkunftsland vorweisen.

Auch wenn Unternehmen Praktikant:innen suchen, gibt es Möglichkeiten, junge Talente im Ausland zu finden. Für ein Praktikum in Deutschland benötigen diese unter Umständen einen Aufenthaltstitel. Die Bundesagentur für Arbeit muss dafür das Praktikum vorab genehmigen.

Wie finden Unternehmen Arbeitskräfte aus dem Ausland?

Die Unternehmenswebseite

Denken Sie darüber nach, Ihre Firmenwebseite sprachlich neu auszurichten, damit Sie internationales Fachpersonal ansprechen. Übersetzen Sie hierzu Ihre Inhalte auf Englisch, um Ihren Bewerbenden-Pool auf internationale Bewerber:innen zu erweitern. Möglich ist die zusätzliche Gestaltung der Seite in anderen Sprachen. Mit Englisch stellen Sie sich jedoch bereits konkurrenzfähig auf.

Ihr Netzwerk

Nutzen Sie den Kontakt zu Geschäftspartner:innen im Ausland, ehemaligen oder aktuellen Mitarbeiter:innen oder zu Bekannten, um außerhalb Deutschlands Personal zu finden.

Employer Branding

Erreichen Sie internationale Talente durch ein erfolgreiches Employer Branding, das Ihr Unternehmen als Top-Arbeitgebenden präsentiert. Stellen Sie sich dafür auch mithilfe von Social-Media-Expert:innen auf, die sich darauf konzentrieren, Ihr Unternehmen national sowie international auf verschiedenen Online-Plattformen zu präsentieren.

Internationaler Personalaustausch

Hat Ihr Unternehmen bereits mehrere Standorte, dann denken Sie über einen Personalaustausch statt. Sie können sowohl Arbeitnehmer:innen als Expert:innen entsenden als auch Verstärkung an Ihrem Standort anfordern.

Messen im Ausland

Nehmen Sie an Messen teil, die Ihren Betrieb präsentieren, um junge Talente an Ihren Standort zu holen. Es gibt auch spezielle Messen, die Absolvent:innen verschiedener Universitäten ansprechen. Durch Partnerschaften können Sie ebenfalls qualifizierte Arbeitskräfte anwerben.

Onboarding von internationalem Personal

Haben Sie neue Fachkräfte aus dem Ausland akquiriert, steht nun das Onboarding an. Das sorgt dafür, dass Ihre neuen Angestellten einen reibungslosen Start in der Firma haben, sich an die neue Atmosphäre, die neuen Kolleg:innen und die Unternehmensphilosophie gewöhnen. Eine erfolgreiche Teamintegration verhindert frühzeitige Kündigungen und unzufriedene Arbeitnehmer:innen.

Neben dem beruflichen Onboarding gibt es auch private Themen, bei denen Sie als Unternehmen Ihren internationalen Neuzugängen beistehen können. Denn zu Themen wie Kulturschock und der Gewöhnung an eine neue Arbeitsmentalität kommen bürokratische Themen auf den Tisch, die es zu klären gilt.

Unterstützen Sie Ihre neue Teambesetzung bei:

  • Arbeitsrechtlichen Fragen
  • Behördengängen
  • Aufenthaltsgenehmigungen
  • Fragen zum Familiennachzug
  • Steuern und Versicherungen

Haben Sie alle Fragen geklärt und das Onboarding geschafft, leiten Sie weitere unterstützende Maßnahmen ein, um Ihre neuen Mitarbeitenden an die Arbeitsumgebung zu gewöhnen. Führen Sie regelmäßig Mitarbeitergespräche, geben Sie transparentes Feedback, bieten Sie Weiterbildungen und Fortbildungsmöglichkeiten sowie Entwicklungschancen, um Ihre Angestellten kontinuierlich zu fördern und so an Ihr Unternehmen zu binden. So zahlen sich die Mühen einer internationalen Rekrutierung für beide Seiten aus.

Motiviertes Fachpersonal an Land ziehen ist einfach – mit Monster

Um Arbeitskräfte aus dem Ausland zu gewinnen, gehen Unternehmen in der Regel einen recht hohen Aufwand ein. Von Vorteil ist es da, auf internationale Expert:innen in Sachen Recruiting zu setzen. Mit einer Stellenanzeige von Monster sprechen Sie Fachkräfte über die Landesgrenzen hinweg an. In unserem Talente-Pool finden Sie die richtigen Mitarbeiter:innen, um Ihr Unternehmen international voranzubringen.